Infos und Neuigkeiten von meinem Freiwilligenjahr in Indonesien

Samstag, 20. November 2010

Offizieller 3-Monats Bericht

Für meine Entsendeorganisation ICJA muss ich nach 3, 6 und 12 Monaten jeweils einen Zwischenbericht schreiben. Ich möchte nun also meinen offiziellen 3-Monatsbericht mit euch teilen.


Ich bin inzwischen seit über 3 Monaten in Indonesien und so langsam fühle ich mich hier zu Hause. Bevor ich hierher gekommen bin, hatte ich eigentlich keine großen Erwartungen, denn wer keine Erwartungen hat, kann auch nicht enttäuscht werden. Obwohl ich vor 2 Jahren schon einmal hier war auf einer Rundreise, war ich doch von vielen Dingen überrascht. Damals war ich mit meiner Familie und einer großen Reisegruppe unterwegs. Wir sind größtenteils unter uns geblieben, waren in einem riesigen, modernen Bus unterwegs und haben in westlichen Hotels übernachtet. Wir haben zwar damals in sehr kurzer Zeit sehr viel gesehen, sind aber kaum in die Kultur Indonesiens eingetaucht.


Schon in den ersten Tagen meines FSJs habe ich mehr über die tatsächliche Kultur erfahren als damals in 3 Wochen. So mussten wir Freiwillige unter anderem überrascht und auch etwas frustriert feststellen, dass in Indonesien nicht eine Sprache gesprochen wird, sondern über 200! Frustriert deshalb, weil das für uns bedeutet, dass wir nicht nur Bahasa Indonesia lernen müssen, sondern auch noch Javanesisch. Das Indonesische fällt mir zum Glück sehr leicht, ich kann inzwischen schon die meisten alltäglichen Konversationen meistern und verstehe auch immer mehr vom etwas anspruchsvolleren Indonesisch welches z.B. im Fernsehen gesprochen wird. Nur mit dem Javanesischen kann ich mich nicht anfreunden. Es gibt 3 verschieden Sprachlevel die sich an der Autorität der Gesprächspartner orientieren und auch die Aussprache fällt mir ausgesprochen schwer.

Zum Glück wurden wir Freiwillige in der Einführungswoche auch über die asiatische Höflichkeit und vor allem über die berühmt-berüchtigte Indirektheit aufgeklärt, das hat uns besonders am Anfang vor so mancher peinlichen Situation bewahrt. Nichts desto trotz sind wir natürlich trotzdem in zahlreiche Fettnäpfchen getreten.


Mein Projekt ist die MA Darul Ulum in Purwogondo in der Region Jepara. MA steht für Madrasa Aliyah und ist in etwa mit Islamic Highschool zu übersetzen, also eine nicht-staatliche Schule die neben den normalen Fächern noch einen besonderen Schwerpunkt auf islamische Werte legt wie z.B. Arabisch oder das Studium des Korans. Ich assistiere den Lehrern im Englisch- und Französischunterricht und biete zweimal die Woche noch einen Extrakurs Englisch für die motivierteren Schülern an.


Es fällt mir immer noch schwer zu akzeptieren, dass die Lehrer es einfach hinnehmen, wenn ihre Schüler einfach eine ganze Stunde lang nichts in ihr Heft schreiben oder schlafen. Ich versuche immer etwas Disziplin in meinen Unterricht zu bringen und da ich immer noch etwas Besonderes bin, folgen sie mir auch oft. Da die Schüler so etwas aber überhaupt nicht gewöhnt sind, galt ich in den ersten Wochen noch als ausgesprochen streng und viele hatten Angst vor mir. Zum Glück hat mich dann ein befreundeter Lehrer darauf hingewiesen und mir erklärt wie es hier läuft, sodass ich mein Verhalten anpassen konnte, die deutsche Direktheit wirkt hier nämlich schnell arrogant und peinlich.


Sehr gut gefällt mir die familiäre Atmosphäre an der Schule. Es ist z.B. keine Seltenheit, dass ein Lehrer einfach mal einem seiner Schüler seinen Haustürschlüssel in die Hand drückt damit dieser etwas für ihn aus seinem Haus holt.


Meine Lehrerkollegen sind ausgesprochen freundlich und haben mir dieselbe überschwängliche Hilfsbereitschaft entgegengebracht, die ich bisher überall in Indonesien erfahren habe. Ich habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt in meinem Projekt. Auch die Schüler begaffen mich inzwischen nicht mehr nur noch aus der Entfernung sondern kommen oft auf mich zu und stellen mir Fragen zum Unterricht oder wollen einfach ein bisschen mit mir quatschen.


Anfangs war ich ziemlich enttäuscht, dass mir ausgerechnet dieses Projekt zugeteilt wurde; es war keines der 3 Projekte die auf meiner Wunschliste standen und die Ausschreibung hörte sich auch alles andere als verlockend an. Ich erinnere mich an Formulierungen wie „located in the countryside“ und „limited public facilities (no bank, no ATM, no internet connection)“ die mich wirklich abschreckten, da ich auf keinen Fall in einem abgelegenen Dorf, fernab von der Stadt landen wollte. Letztendlich bin ich aber heilfroh in eben diesem Projekt gelandet zu sein. Da hier so gut wie niemand Englisch spricht und ich somit gezwungen bin, ständig meine Sprachkenntnisse anzuwenden, lerne ich die Sprache wesentlich schneller als die Freiwilligen in der Stadt. Außerdem ist die Luftverschmutzung in der Stadt sehr hoch, Indonesien ist nach den USA und China der drittgrößte CO2-Produzent in der Welt.. Auf dem Land erfährt man auch viel mehr vom ursprünglichen, traditionellen Leben als in der Stadt, wie z.B. Schlachtungen oder Beschneidungen. Ganz davon abgesehen ist mein Dorf auch bei weitem nicht so zurückgeblieben wie es in der Ausschreibung dargestellt wird: ich habe W-Lan in der Schule und sogar in meinem Haus, es gibt zahlreiche ATMs und man kann im Supermarkt fast alles kaufen, was man auch in Deutschland bekommen würde.


Die Vorbereitung in Deutschland seitens des ICJAs hat mir definitiv sehr geholfen mich auf meinen Aufenthalt hier vorzubereiten, soweit man sich für ein FSJ überhaupt vorbereiten kann.


Ich denke oft an die „Kulturelle Brille“ und versuche dann die Dinge distanzierter zu betrachten, dass hätte ich ohne die Vorbereitung sicherlich nicht getan. Auch wenn ich Beiträge für meinen Blog schreibe, kann ich oft von den Tipps und Tricks Gebrauch machen, die wir im Vorhinein vom ICJA vermittelt bekommen haben.


Ich hatte mir vorher viele Sorgen gemacht wegen des Islams, Indonesien ist schließlich das bevölkerungsreichste islamische Land der Welt. In Europa existiert leider oft noch die Vorstellung vom bösen, dunklen Islam der Frauen unterdrückt und Terroristen hervorbringt. Obwohl einige meiner besten Freunde in Deutschland Moslems sind, war auch ich von dieser Konditionierung natürlich nicht ganz ausgeschlossen, und so hatte ich teilweise erwartet, für das nächste Jahr mehr oder weniger zum Moslem werden zu müssen, mich sämtlichen Regeln unterwerfen zu müssen und extrem in meinen Freiheiten beraubt zu werden, die ich seit meiner Volljährigkeit und dem Abschluss der Schule so genossen hatte. Zum Glück haben sich aber fast alle Befürchtungen als unbegründet erwiesen. Über meine Meinung zum Islam möchte ich mir jetzt hier nicht auslassen, das würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, aber seit ich ihn einmal aus aller nächste Nähe kennen gelernt habe, hat er jegliche bedrohliche Ausstrahlung verloren. Man sagt, wir fürchten uns vor Dingen die wir nicht kennen, und so ist es mit dem Islam denke ich auch.


Grüße aus dem inzwischen verregneten Zentraljava (es ist Regenzeit),


Fabian Garbe

Mittwoch, 3. November 2010

Ein Viertel ist rum

Seit gestern bin ich schon 3 Monate hier, und es kommt mir immernoch so vor, als wären gerade einmal 3 Wochen vergangen. Diesen Anlass möchte ich nutzen, um ein erstes Fazit zu ziehen.

Kurz: Ich bin verdammt froh, hier zu sein.
Es gefällt mir hier so gut, dass ich mir garnicht vorstellen kann, dass es die nächsten 9 Monate genauso toll weitergehen sollen. Zurzeit wüsste ich auch keinen Grund, warum ich zurück nach Deutschland wollte. Es gibt noch so viele tolle Sachen zu entdecken, so viele Orte die ich noch sehen möchte, so Vieles das ich noch nicht weiß und so Vieles das ich noch noch lernen möchte.
Wenn ich mich zurückerinnere, dass ich mir vor meiner Ausreise noch oft gedacht habe, dass ich vielleicht doch lieber in ein weiter entwickeltes Land gehen sollte, kann ich jetzt nur den Kopf schütteln. Besonders wenn ich an meine Freunde denke die ich in Deutschland zurückgelassen habe, bin ich froh diese Entscheidung getroffen zu haben, ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland zu absolvieren. Aus Deutschland höre ich ständig vom anstrengenden Studium oder vom langweiligen Zivildienst. Hier gibt es jeden Tag ein neues Geheimnis, dass ich der fremden Kultur entlocken kann, eine unbekannte Speise zu probieren und neue Leute kennen zu lernen. Ich verstehe mich mit meiner Gastfamilie und auch den anderen Freiwilligen bestens und auch meine Arbeit gefällt mir, aber davon berichte ich ein anderes Mal.

Ich mache immer mehr Fortschritte mit der Sprache und kann inzwischen schon fast flüssig eine Konversation führen, vorrausgesetzt mein Gesprächsparnter spricht deutlich und keinen Slang, d.h. keine Abkürzungen (die hier leider sehr beliebt sind) und kein Jawanesisch-Indonesisch-Mix. Dummerweise ist das aber genau der Lieblingsstil der hiesigen Jugend, sodass es jedesmal immer ein bisschen dauert, bis ich mit Jugendlichen ins Gespräch kommen kann.

Meine Schüler, Kollegen und Nachbarn sehen mich immer mehr als einer von ihnen an ich ich verliere zum Glück so langsam den Promi-Status des unantastbaren, glänzenden Bule. Inzwiwschen bin ich (fast) einfach ein ganz normaler Mensch der halt statt dunkler Haut einfach helle Haut hat.
Es ist zwar nicht immer einfach, alle Vorurteile zu widerlegen und meine Mitmenschen davon zu überzeugen, das man in Europa zum Beispiel nicht jeden Tag Sex auf der offenen Straße hat oder das es in Deutschland auch Obdachlose und Arbeitslose gibt, aber ich gebe mir jeden Tag sehr viel Mühe.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Schlachthof Vorgarten

Vor einigen Wochen kam ich vom Volleyballspielen nach Hause, ging ins Haus, duschte, aß zu Abend und setzte mich danach wie so oft auf die Terasse vor dem Haus. Alles ganz normal.
Ich quatschte gerade mit einem meiner Gastcousins, als plötzlich ein furchtbarer Schrei ertönte. Ich war zwar etwas überrascht von der Intensivität des Schreis, dachte aber nicht weiter darüber nach, ich hielt es für ein spielendes Kind aus der Nachbarschaft.
Auf einmal sah ich aus dem Augenwinkel, wie sich etwas Großes hinter einer der Säulen der Terasse bewegte. Ich blickte auf und sah plötzlich eine riesige Kuh vor mir stehen! Ich war doppelt überrascht, denn erstens steht einem ja nicht alle Tage einfach eine Kuh gegenüber und zweitens war sie 20 Minuten vorher als ich nach Hause kam noch nicht da. Ich ging auf die Kuh zu und stellte fest, dass sie an einem Baum festgebunden war. Kurz darauf erfuhr ich von meinen Gasteltern, dass sie am nächsten Morgen geschlachtet werden sollte. Obwohl die Schlachtung zu einer typischen indonesischen Zeit stattfinden sollte, nämlich um 4 Uhr morgens, beschloss ich mir dieses (eventuell einmalige?) Ereignis nicht entgehen zu lassen.
Am nächsten Morgen stand ich also voller Spannung zur besagten Zeit auf und setzte mich mit meiner Kamera bewaffnet auf die Terasse. Schon bald kamen immer mehr Männer aus der Nachbarschaft und fingen an, alles vorzubereiten. Es wurden Gartenschläuche angeschlossen, Messer gewetzt und der Vorhof gefegt. Dann wurde die Kuh kurz losgebunden, aber nur um dirket wieder zwischen zwei Bäumen mit dicken Seilen eingespannt zu werden. Die Kuh war offensichtlich völlig am Ende, ich vermute dass sie irgendwie schon die ganze Nacht wusste was auf sie zu kommen würde. Sie schnaufte und stöhnte fürchterlich und war auch schon so schwach, dass es für die Männer ein Leichtes war sie zu Fall zu bringen.
Als alles vorbereitet war und die Kuh komplett eingespannt war wurde ihr dann letztendlich mit ein paar geübten Handgriffen der Hals aufgeschnitten. Das Blut wurde aus der Halsschlagader in einen großen Bottich abgelassen bis nichts mehr nachlief und dann ging es mit dem Zerlegen los. Das Flesich wurde anschließend auf die Nachbarschaft verteilt und später auf einer langen Liste abgerechnet. Schaut euch dazu einfach die Fotos an. Achtung, nichts für Weicheier!

Ich fand es beeindruckend mit welcher Selbstverständlichkeit und Routine das alles von Statten ging. So etwas wäre in einem deutschen Privathaushalt kaum vorstellbar, und auch für mich war es doch eine recht intensive Erfahrung. Mir wurde während der Schlachtung mal wieder bewusst, dass die größten Unterschiede zwischen Kulturen diejenigen Dinge sind, die wir als selbstverständlich erachten.
In Deutschland kauft man sein Rindersteak oder Hackfleisch natürlich im Supermarkt, wo sonst. Das das Tier unter höchsten hygenischen Standarts zerlegt wurde ist außer Frage.
In Indonesien aber ist es das normalste der Welt, dass man sich eine ganze, lebende Kuh kauft und diese selber schlachtet, und zwar einfach in einem Vorhof, auf dem 5 Minuten vorher noch Hühner und Ziegen herumliefen und täglich Kinder spielen.


Zuerst wurde die Kuh zwischen 2 Bäumen eingespannt damit sie sich nichtmehr bewegen konnte.


Nach dem Durchtrennen der Halsschlagader gings es mit dem Zerlegen los.

Die Haut wurde vom Bauch an abgezogen.

Nachdem die Bauchdecke geöffnet war, wurden die Gedärme entfernt.

Fast die ganze Straße hat mitgeholfen.

Die Rippen wurden mit einer Axt durchtrennt.

Nach ca. 1 1/2 Stunden war alles vorbei und das war alles was übrig blieb.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Volkssport Essen!

Was bedeutet Essen für die indonesische Bevölkerung? Essen ist die liebste Beschäftigung der Indonesier. Wenn man sich trifft - egal zu welchem Anlass, isst man. Kommt man irgendwo an, isst man. Hat man nichts zu tun, isst man.
Da ein großer Teil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, ist es hier sehr wichtig, etwas im Magen zu haben. Essen kommt also als erster Stelle vor allen anderen Genüssen. Dazu kommt, dass immernoch viele Indonesier als Bauern arbeiten, und da ist es wichtig, schnell wieder die Energie aufzunemhen, die man bei der anstrengenden Arbeit auf dem Feld verloren hat. Früher waren, wie in jedem Land der Welt, noch viel mehr Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt als heute, und so ist diese Gewohntheit des ständigen, reichhaltigen Essens in die tägliche Kultur übergegangen und bis heute dort geblieben. Auch wenn man einen gemütlichen Bürojob hat, gegessen wird immer.

Zum besseren Verständnis der Bedeutung von Essen möchte ich folgendes Beispiel nennen: Das Wort kendut heißt gleichzeitig gesund und Wampe...

Besonders als Gast hat man es schwer, denn Gäste müssen grundsätzlich IMMER und so viel wie möglich essen. So kam es in den ersten Wochen nicht selten vor, dass ich völlig vollgefressen auf meinem Bett lag um einerseits weiteren Essenszwängen zu entgehen und andererseits um mich
erst einmal etwas zu erholen. Selbst jetzt, wo meine Gasteltern mich schon längst nicht mehr als Gast betrachten, taucht meine Gastmutter öfters mal hinter einer Ecke auf und streckt mir eine riesige Portion entgegen, mit den Worten: Harus dihabiskan - Das muss aufgegessen werden. Ablehnen ist, wie immer, völlig indiskutabel und würde als Beleidigung gelten.
Ich muss aber auch sagen, dass die indonesische Küche sehr interessant und vielfältig ist. Zum Glück kann meine Gastmutter auch sehr gut kochen. Es gibt so viele verschieden Spezialitäten und mir fremde Gerichte, dass ich wohl tatsächlich das ganze Jahr brauchen werde, um alles zu probieren.
Bisher hat es sich in dieser Hinsicht allerdings als Problem herausgestellt, dass ich in einer muslimischen Familie lebe. Es kommt nämlich nur auf den Tisch, was auch
halal ist. Das Gegenteil von halal ist haram, und haram ist zum Beispiel Schwein und Alkohol, also all die Sachen, die ein gläubiger Muslim nicht essen darf. Ich habe mir interessehalber einmal durchgelesen, nach welchen Kriterien entschieden wird, was halal ist und was nicht. Die Regeln sind recht komplex, und bei vielen Tieren ist auch nicht so ganz geklärt, ob man sie essen darf oder nicht. An Land lebende Tiere ohne sichtbare, außenliegende Ohren sind zum Beispiel haram, deshalb darf man (eigentlich) auch keine Schlangen oder Geckos essen. Durch diese Einschränkung im Speiseplan entgeht mir natürlich einiges, was ich aber hoffentlich noch irgendwie nachholen kann.
Eine der anderen Freiwilligen lebt in einer chinesischen, christlichen Gastfamilie und bei ihr kommt auch öfters mal so exotisches auf den Tisch wie eben Schlange, Frosch oder auch Schweinehirn.
Vor kurzem bin ich von einem Mittagsschläfchen aufgewacht und hatte den intensiven Geruch von gebratenem Fleisch in der Nase. Ich dachte schon es sei richtig geiler, knuspriger Speck und sah schon ein paar Streifen neben einem Rührei auf meinem Teller vor mir liegen, bis mir plötzlich einfiel, dass das ja garnicht sein kann...

In Indonesien wird mindestens dreimal täglich Reis gegessen. In jedem Haus in dem ich bisher war, steht ein spezieller Reiskocher, in dem den ganzen Tag lang heißer Reis zur Verfügug steht. Es ist mir ein Rätsel wie er sich den ganzen Tag lang frisch halten kann, aber irgenwie scheint das Gerät entsprechend gebaut zu sein, sodass der Reis nach 5 Stunden immernoch so schmeckt wie kurz nach dem Einfüllen.

Dazu gibt es meistens eine Auswahl von frittierten Gerichten wie zum Beispiel Krupuk (kennt man in Deutschland vom Chinesen als Shrimp Chips, man kann sie aber auch aus Reis und Hühnchen machen) oder Tempe (eine Art Riegel aus Sojabohnen, sehr lecker) aber auch Fleisch (oft in einer Soße) und Gemüse.
Meistens stehen in einer indonesischen Küche mindestens fünf verschiedene Beilagen den ganzen Tag über auf dem Tisch, damit sich jeder bedienen kann, wann immer er will. Reis ist immer dabei. Bedenken wegen Salmonellen oder ähnlichen Keimen die sich bilden, wenn Essen offen herumsteht, scheint hier keiner zu haben. Muss man anscheinend aber auch nicht, bisher bin ich schließlich noch nicht einmal krank gewesen.
Wenn Indonesier keinen Reis zu einer Mahlzeit bekommen, gilt diese für sie als eine ausgelassene Mahlzeit, ganz egal ob sie Früchte oder sonstiges gegessen haben. Satt fühlen sie sich erst, nachdem sie ihren Reis gegessen haben.

Was mir hier besonders gut gefällt ist die Vielfalt an Früchten. Ich habe noch nirgendwo eine größere Auswahl frischer Früchte gesehen als hier in Indonesien. Die Hälfte davon habe ich vorher noch nie gesehen, geschweige denn probiert. Es kommt oft vor, dass ich mich einfach auf die Terasse setze (mit großartiger Aussicht auf die unendlichen Reisfelder und einen riesigen Berg) und mich genüsslich einer großen Schale Papaya oder Mango widme, die meine Gastmutter vorher (spottbillig) auf dem Markt gekauft hat. Jetzt gerade esse ich übrigens auch nebenbei Papaya :)
Was die hiesigen Geschmacksnerven angeht: Indonesier lieben die Extreme! Vieles ist total überzuckert oder auch sehr scharf. Süßes ist nicht einfach süß sondern oft einfach ein Zuckerklotz, besonders bei Getränken muss man aufpassen. Oft findet man auch Süße in Lebensmitteln, wo man es kaum erwartet – zum Beispiel in Frühlingsrollen oder zusammen mit Sojabohnen. Man muss auch in Restaurants etc. darauf achten, Getränke ohne Zucker zu bestellen, da man hier überall Zucker reinhaut, wo es nur geht (oder auch für uns überhaupt nicht geht). Besonders Kaffee war für mich am Anfang ein Schock. In Deutschland trinke ich meinen Kaffee immer ohne Zucker und mit Milch. Hier wird Kaffee IMMER mit Unmengen von Zucker getrunken und dafür NIE mit Milch. Milch wird hier sowieso sehr selten getrunken. Also genau das Gegenteil von dem, was ich gewöhnt bin.

Eine weitere Besonderheit in Indonesien sind die Warungs. Warungs sind Essensstände an den Straßenrändern. Hier wird von süßen Snacks bis zu kompletten Mittagessen alles angeboten, was die heimischen Felder und Küchen hergeben. Das Warung an sich gibt es in zahlrechen Ausführungen. Mal einfach nur hinten aufs Moped draufgeschnallt, mal in ein Fahrrad integriert (ähnlich wie bei einer Rikscha) und mal als großer Wagen mit Planen und Sitzen.
Das Essen der Warungs sieht meistens sehr interessant und lecker aus. Ich habe allerdings meine Zweifel, was die Hygene anbelangt. Das Essen liegt oft den ganzen Tag bei hohen Temperaturen zur Präsentation in einer Art Schaufenster herum - manches auch ungekocht. Gerade bei rohem Fleisch (totes Hühnchen am Stück) können einem schnell Zweifel an der Hygene kommen. Außerdem lassen sich auch gerne Fliegen auf den Lebensmitteln nieder.

Trotz alle dem esse ich liebend gerne in Warungs!! Obwohl einem jeder Tourist und jeder Reisefüher davor warnt, hatte ich von Anfang an keine großen Bedenken und habe einfach drauflosgegessen, außerdem bin ich ja auch kein Tourist ;) Das Essen war bisher immer sehr lecker und es ist vorallem auch SPOTTBILLIG!! Ich kann zum Beispiel eine große Portion Reis mit einer besonderen Art von Tempe (Kering Tempe) und etwas Hühnchen für ca. 30 Euro-Cent bekommen. Bei mir direkt vor der Schule wird in der Pause auch immer köstliches Bakso verkauft, eine Suppe mit Fleischbällchen aus Huhn, die Portion für nichteinmal 10 Cent!! Ich habe inzwischen schon dutzende Male in solchen Warungs gegessen und war noch nicht einmal krank. Ich muss aber auch zugeben, dass ich bisher der Einzige von allen Freiwilligen bin, der noch nicht krank war...

Vor ein paar Tagen wurde bei mir im Hof eine Kuh von und für die Nachbarschaft geschlachtet, im nächsten Eintrag werde ich ein paar Bilder hochladen.

Dienstag, 28. September 2010

Indonesische Hochzeit

Letzten Freitag wurde ich spontan von einem Lehrerkollegen auf die Hochzeit seines Bruders eingeladen. Zum Glück war mein Indonesischlehrer Munif auch eingeladen, sodass ich mit ihm zusammen dort hin gehen konnte. Da die Gastgeber ziemlich wohlhabend sind, war auch der Rahmen der Hochzeit entsprechend groß: es waren um die 400 Gäste geladen, 3 riesige Zelte aufgebaut, ein eigenes Trommelorchester engagiert und Fotografen und Kameraleute anwesend. Der Verlauf der eigentlichen Hochzeit war relativ unspektakulär, für mich als Neuling allerdings trotzdem sehr interessant.
Während der Zeremonie wurden an sämtliche Gäste durchgehend Teller mit allen möglichen Speisen gereicht, sodass ich den Eindruck hatte, dass kaum einer aufmerksam dem Geschehen auf der eindrucksvollen Buehne folgte, sondern nur mit Essen beschäftigt war. Insgesamt war die Atmosphäre sehr locker, viele Gäste waren auch nur in Jeans und Flip Flops gekommen (ich hatte extra zum ertsen Mal mein Batikhemd angezogen, das ich mir auf Wunsch meines Gastvaters irgendwann einmal kaufen musste). Nach zahlreichen Reden auf Jawanesisch (von denen ich wie immer kein Wort verstand) und nachdem Munif und ich aufgegessen hatten, wollten wir uns auf den Rückweg machen, da es nicht nur langsam langweilig wurde sondern der sich die Zeremonie auch dem Ende neigte. Auf dem Weg nach draußen wurden wir allerdings von dem Lehrerkollegen abgefangen, der mich eingeladen hatte: Wir (bzw. ich) durften selbstverständlich nicht verschwinden, ohne vorher Fotos mit dem Brautpaar geschossen zu haben. Viel mehr möchte ich nicht schreiben, schaut euch einfach die Bilder an.



Sonntag, 26. September 2010

Ramadanferien Teil 2: Bali

Hier kommt endlich der versprochene Bericht zu meiner Balireise.
Kurz: Es war traumhaft! Aber ich will von vorne anfangen.

Wie ich schon im letzten Eintrag erwähnt hatte, sind wir, dass heißt Hansi und ich, nicht geflogen, sondern mit dem Bus gefahren. Da wir uns ziemlich spontan entschlossen hatten, nach Bali zu fahren, war es natürlich schon zu spät, um noch günstige Flüge zu bekommen.
Außerdem war wegen Ramadan quasi Hochsaison, da es hier üblich ist, zu Idul Fitri zu seiner Familie zu fahren bzw. fliegen. Unter normalen Umständen kann man von Yogyakarta nach Denpasar und zurück für knapp 70 € fliegen, während der Ramadanferien war diese Strecke nicht unter 200 € zu kriegen. Mit Hilfe von unseren indonesischen Kontaktpersonen fanden wir zum Glück heraus, das man nach Bali auch mit dem Bus kommen kann. Normalerweise kostet die Strecke Semarang-Denpasar 20 €, zur Idul Fitri Hochsaison hat sie 30 € gekostet. Mangels Alternativen und auch aufgrund des immernoch recht günstigen Preises schlugen wir also zu, trotz der Tatsache, das die Fahrt 16 Stunden dauern sollte. Als wir ein paar Tage später im Büro der Reisegesellschaft saßen, mussten wir feststellen, dass die Fahrt nicht 16 sondern 20 Stunden dauern sollte. Wir waren allerdings fest entschlossen und ließen uns auch davon nicht abschrecken.
Wir hatten bereits befürchtet, dass uns die Klimaanlage im Bus zum Verhängnis werden könnte, da wir schon mehrmals die Erfahrung machen mussten, dass, wenn es denn mal eine Klimaanlage im Auto/Bus gibt, diese auch stets bei maximaler Leistung läuft, und so wird aus angenehm kühl ruckzuck verdammt kalt mit hohem Erkältungspotenzial.
Es kam wie vermutet. Nachdem die ersten 5 Minuten tatsächlich noch angenehm waren, machte uns danach die ständige, künstliche Kälte immer mehr zu schaffen, vorallem da weder Hansi noch ich mit entsprechender Kleidung vorgesorgt hatten. So saß ich zum Beispiel mit T-Shirt, kurzer Hose und Flip Flops im Bus. Zum Glück gab es für jeden Passagier Decken, sodass wir nicht völlig erfroren. Unsere indonesischen Mitreisenden schienen schon zu wissen, was während einer solchen Busfahrt auf sie zukommt, und so packten nicht wenige schon nach kurzer Zeit Wollmützen, Pullover, dicke Socken und Ähnliches aus.
Es ist uns bis heute ein Rätsel, warum der Bus so dermaßen runtergekühlt wurde, da ja wirklich jeder im Bus, auch der Fahrer und sein Assistent, offensichtlich fror oder eben entsprechend dick angezogen war, um der Kälte zu trotzen. Sämtliche Passagiere hatten außerdem ihre Sitzeigene Belüftung ausgestellt, ich habe extra darauf geachtet.
Nach endlos erscheinenden Stunden, es waren statt 20 Stunden dann doch 23 geworden, kamen wir endlich in Denpasar an. Um von dort weiter nach Kuta zu kommen, unserem eigentlichen Reiseziel, hatten wir die Wahl zwischen der klassischen Tourie-Variante oder der indonesischen Variante: wir hätten entweder ein Taxi für ca 10 € nehmen können oder einen der indonesischen Busse (Angkot) für einen Bruchteil des Taxipreises. Da wir uns inzwischen beide schon einigermaßen mit den hiesigen Gebräuchen und vorallem Preisen auskennen, entschieden wir uns natürlich für die indonesische Variante. Nachdem wir die obligatorischen Wucherpreise einiger geschäftstüchtiger Busfahrer um ein Vielfaches runtergehandelt hatten, fuhren wir letztendlich für jeweils 2 € nach Kuta.
Dort angekommen, stellten wir sofort fest, dass wir quasi Asien verlassen hatten und wieder im "globalen Norden" angekommen waren. Sämtliche Reklamen und Schilder waren in Englisch, es wurden an jeder Ecke westliche Produkte angeboten und überall sah man Weiße. Das mag sich nicht besonders anhören, aber da Hansi und ich seit ca. 1 1/2 Monaten überhaupt keinen Weißen mehr gesehen hatten, war das für uns im ersten Moment schon etwas gewöhnungsbedurftig.
Leider konnten wir uns nicht direkt ins Hotel begeben und endlich duschen, wir hatten nämlich noch gar keins! Hansi war im Rahmen einer Asien Reise erst im April in Kuta gewesen und hatte damals innerhalb von 5 Minuten ein super Zimmer mit Klimaanlage fuer ca. 5 € die Nacht bekommen, diesmal wollten wir es wieder so machen. Unser schöner "Plan" ging aber leider überhaupt nicht auf, da wir nicht bedacht hatten, dass ja Hochsaison war!
So liefen wir also ungefähr 3 Stunden durch Kuta auf der Suche nach einem günstigen Hotel, bis wir endlich ein Zimmer fanden, das noch frei war. Uns wurde aber auch schnell klar, warum es noch frei war: es war das mit Abstand ranzigste Zimmer, in dem ich jemals eine Nacht verbracht habe. Die Steckdosen lagen am Boden anstatt in der Wand zu stecken, aus Toilette und Waschbecken tropfte das Wasser und das Schloss zum Bad bestand aus einem rostigen Nagel. Und das alles auch noch für ca. 7 € pro Nacht und Person, im Verhältnis zu anderen Unterkünften tatsächlich ein ziemlicher Wucher. Mangels Alternativen regten wir uns aber nicht auf, ignorierten einfach sämtliche "Unannemhlichkeiten" und ließen den Urlaub endlich beginnen.

Da ich nicht noch morgen mit Tippen beschäftigt sein möchte, werde ich jetzt nicht jeden Tag mit sämtlichen Einzelheiten schildern, sondern nur einen groben Überblick über unsere Aktivitäten geben.
Das Wetter war durchgehend traumhaft. Wir lümmelten am Strand herum, aßen, tranken und

feierten viel, liehen uns Surfboards um auf eigene Faust Surfen zu lernen (was auch ziemlich gut funktionierte) und wechselten noch einmal das Hotel. Zwischendurch empfingen wir Maria (die Freiwillige aus der Schweiz) die aber nur 2 Nächte bleiben konnte und dann wieder mit uns zusammen nach Hause fuhr. Wir liehen uns Mopeds und fuhren zum Dreamland Beach (der Name sagt alles...) und zum Ulu Watu Tempel, bei dem sich herausstellte, das ich dort schon auf meiner Indonesienrundreise 2008 war. Besonders angenehm waren die dortigen Preise: man konnte, ohne lange zu suchen, ein Abendessen mit frisch gepressten Fruchtsäften für 3 € bekommen und war danach pappsatt. Auch für ein Moped haben wir nur 5 € für 24 Stunden gezahlt.

Ich habe jede Minute dieses Urlaubs richtig bewusst genossen (vorallem die Mopedtour) und muss sagen, dass sich die insgesamt ca. 40 Stunden Busfahrt auf jeden Fall gelohnt haben. Es tat richtig gut, sich einmal wieder sicher durch eine "gewohnte" Bewegung und Kultur bewegen zu können, ohne sich immer zurück nehmen zu müssen weil man befürchten muss, gegen unbekannte Sitten, Gebräuche oder religioese Regeln zu verstoßen. Vieles davon sind natürlich auch einfach die Freiheiten, die man als Tourist gegenüber einem Freiwilligen hat, der nicht nur ein paar Tage oder Wochen in der ensprechenden Umgebung bleibt, sondern ein ganzes Jahr. Und für diese 5 Tage waren wir schließlich Touristen.

Die Rückfahrt gestaltete sich wesentlich angenehmer als die Hinfahrt, da sie zum einen schneller ging und wir zum anderen wussten, auf welche Temperaturen wir uns einstellen mussten.
Leider vergaß ich im Bus die Tüte Schlangenfrüchte, die ich extra für meine Gastfamilie als Mitbringsel gekauft hatte. In Indonesien ist es nämlich mehr oder weniger verpflichtend, von einer längeren Reise immer etwas mitzubringen, und so wurde ich auch direkt nach meiner Ankunft zu Hause erwartungsvoll gefragt, was ich denn mitgebracht haette. Zum Gluück waren alle sehr verständnissvoll und meinten nur tidak apa-apa, was kein Problem heißt. Dafür musste ich versprechen, von meiner nächsten Reise auf jeden Fall etwas mitzubringen.

Die nächste größere Reise steht auch schon wieder an: in ungefähr 4 Wochen geht es mit sämtlichen nationalen und internationalen Freiwilligen nach Karimunjawa Island. Darüber weiss ich bisher nur, das es wohl kaum Strom gibt, kein fliesendes Wasser und es das Klischee einer einsamen, paradisischen Insel sein soll.
Ich bin gespannt.

Montag, 20. September 2010

Ramadanferien Teil 1: Idul Fitri

Die 2 Wochen Ferien um Idul Fitri sind rum und es gibt viel zu erzählen. Ich fange von vorne an.

Gleich zu Beginn der Ferien bin ich wiedereinmal nach Semarang gefahren, wo ich mich mit allen anderen Internationals getroffen habe, diesmal also auch Maria aus der Schweiz und Signe aus Dänemark. Zuerst mussten Hansi, Maria und ich uns noch das BUSticket nach Bali kaufen. Ja, ihr habt richtig gelesen, um nach Bali zu kommen haben wir uns (gezwungenermassen) eine Busfahrt gegönnt. Natuerlich war das keiner von den Bussen wie auf dem Foto in dem vorherigen Eintrag, sondern ein topmoderner, klimatisierter Nachtbus mit viel Platz von Mercedes Benz. Das mag sich gemütlich anhören, aber wenn man damit 20 (!) Stunden bei maximal aufgedrehter Klimaanlage fahren muss, ist das alles andere als gemütlich. Mehr dazu im zweiten Teil dieses Beitrags.
Nachdem wir also die Tickets (hin und zurück für 60 €) gekauft hatten, fuhren wir alle gemeinsam zu einem der Einsatzstellen von Anna (sie arbeitet in 2 Projekten gleichzeitig). Dort hatten wir uns ein ganz eigenes soziales Projekt an Land gezogen: Die Leute dort von Indoshelter brauchen dringend ein Regal, leider fehlt ihnen aber das Geld, eines zu besorgen. Also haben wir Freiwilligen uns (freiwillig) zusammen getan und werden demnächst ein Regal für Indoshelter bauen. Der Plan ist, dass die Einsatzstelle das Materiel zur Verfügung stellt und wir unsere "Arbeitszeit". Hansi und ich sind beide einigermassen erfahrene Heimwerker, also werden wir das Regal konstruieren und zusammenbauen. Die Mädels wollen es dann später anmalen. Klassische Arbeitsverteilung also.
Im Indoshelter angekommen, bekamen wir dann erstmal die obligatorische Einführung in die Aufgaben und die Geschichte des Projekts. Direkt im Anschluss wurde extra für uns eine kleine Tanzaufführung von den dortigen Schülern präsentiert. Als der offizielle Teil also abgehakt war, machten Hansi und ich uns daran, dass Regal entsprechend der Bedürfnisse und Möglichkeiten zu planen. Als auch das erledigt war, machten wir alle zusammen einen Spaziergang durch die sehr ärmliche Nachbarschaft, aus der unter anderem auch das Foto mit der Wellblechhütte aus dem vorherigen Eintrag stammt. So ärmlich auch die Gegend sein mochte, so grandios war die Aussicht auf Semarang, da das ganze Viertel auf einem Hügel liegt.
Später gingen wir alle zusammen noch in einem der traditionellen indonesischen Strassenrestaurants (Warung) essen. Die restlichen 3 Tage, die ich noch in Semarang blieb, verliefen relativ unspektakulär.

Am 10. war es dann soweit, der Tag auf den alle einen Monat lang gewartet und gefastet hatten: Idul Fitri, as Ende des Ramadans!!
Am Vorabend wurde ich ohne jegliche Vorwarnung von einem Kollegen abgeholt der mich mit zu sich nach Hause nahm. Ich dachte, wir würden das Standartprogramm absolvieren: Buka Bersama, also einfach zusammen fastenbrechen und danach vielleicht noch etwas spazieren gehen. Aber es sollte anders kommen. Völlig anders.
Zuerst fuhren wir eine ganze Weile durch dichten Urwald, der auch noch vom Regenschauer davor richtig klischeehaft pitschnass war. Irgandwann kamen wir in ein kleineres Dorf in dem sich viele Leute auf den Straßen versammelt hatten und ziemlich beschäftig wirkten. Ich wurde in ein Haus am Rande der Straße dirigiert und wartete dort erstmal ein paar Minuten. Dann ging alles plötzlich sehr schnell.

Mir wurde ein Turban gebunden, ich bekam Lippenstift auf die Lippen geschmiert und ein langes, weißes Gewand übergezogen. Noch bevor ich protestieren konnte, saß ich neben einer ebenfalls aufwendig geschminkten, jungen Frau in einer bunt dekorierten Kutsche, und fuhr so, von einem riesigen Trupp mit Musikkorps und Fahnenträgern begleitet, durch den Urwald.
Ich kam mir mindestens so bescheuert vor, wie es sich anhört.

Als Raja war es nun meine Aufagabe, den zahlreichen Menschen, die sich am Straßenrand versammelt hatten, einfach nur zu zu lächeln und zu zu winken. Hin und wieder musste ich mit dem Fuß auf eine Art Glocke treten, die im Boden der Kutsche eingelassen war. Es gesellten sich noch andere Trupps zu unserem dazu und ich musste die Aktion unweigerlich mit dem rheinischen Karneval vergleichen. Es wurde zwar keine Kamelle geschmissen aber ansonsten war die Ähnlichkeit wirklich verblüffend. Nach einer Weile fiel mir auf, dass jeder Trupp seine eigene Attraktion hatte, sei es ein aufwändig gestalteter Mottowagen oder einer Gruppe besonders verkleideter Menschen. Da wurde mir schlagartig bewusst, das ICH die Attraktion meiner Truppe war!! Ein komisches Gefuehl. Gestern erst habe ich durch Zufall erfahren, dass alle Truppen von einer Jury bewertet wurden, meine Truppe hat den 3. Platz gemacht.
Ich kam gegen 10 nach Hause und legte mich sofort schlafen, da ich am nächsten Tag um 5 Uhr würde aufstehen müssen.
Der große Tag war gekommen. Ich wurde aus dem Bett gescheucht, frühstückte und musste mir eine spezielle Idul Fitri-Gewandung anziehen, die ich vorher extra bekommen hatte. Sie sieht meiner Meinung nach furchtbar aus und obwohl mir die Sachen einigermassen gepasst haben, erkennt man doch, dass ich mit meiner Größe und Statur einfach nicht in solche Klamotten gehöre. Zum Glück musste ich kein Peci tragen, einen dieser muslimischen Gebetshüte, die kann ich nämlich überhaupt nicht ausstehen.
Auf einmal drückte mir mein Gastvater einen Gebetsteppich in die Hand und bat mich, ihm zum Gebet zu folgen. Ich erklärte ihm erschrocken, dass ich ja garnicht wisse wie das geht, aber das war für ihn kein Grund, mich trotzdem mitzuschleppen.
Auf dem Weg zur Moschee trafen wir immer mehr Menschen mit dem selben Ziel, sodass wir am Ende in einem goßen Menschenstrom die Moschee erreichten. Unterwegs hatte ich bereits beschlossen, meinem Gastvater einfach alles nachzumachen, um nicht noch mehr aufzufallen, als ich es mit meinen blonden Haaren inmitten des Meeres aus schwarzen Pecis eh schon tat. Ich rollte also neben ihm meinen Gebetsteppich aus und kopierte einfach alle seine Bewegungen. Das Gebet dauerte zum Glück nicht sehr lang und der Bewegungsablauf war sehr simpel, so konnte ich die Magie meines ersten Muslimischen Gottesdienstes in Ruhe auf mich wirken lassen.
Nach dem Gebet stellten sich alle (es waren übrigens nur Männer anwesend) in Reihen auf und es startete ein Prozess, in dem jeder jedem die Hand schüttelte um um Vergebung zu bitten.
An Idul Fitri wird nämlich nicht nur das Ende des Fastenmonats gefeiert, sondern es werden einem auch alle Sünden des vergangenen Jahres vergeben, wozu eben auch gehört, dass man sich bei Verwandten, Nachbarn und Freunden entschuldigt.
Ich habe mitgezählt: ich habe in ca. 10 Minuten genau 469 Hände geschüttelt. Danach, beim obligatorischen Gang durch die Nachbarschaft waren es bestimmt nochmal knapp 200.
Den Rest des Tages wurde im Haus auf andere Besucher gewartet und/oder einfach gegessen, etwas besonderes passierte nicht mehr.
Im zweiten Teil dieses Eintrags werde ich (eventuell morgen) von meiner traumhaften Reise nach Bali berichten.

Mittwoch, 8. September 2010

Neue Bilder

Diesmal gibt es ein paar Bilder aus Semarang, von meinem Haus während eines sinnflutartigen Regenschauers und von der Erweiterung meiner Klimmzustange.


In Semarang haben wir im Zuge einer Projektbesichtigung einen Spaziergang durch die extrem ärmliche Nachbarschaft gemacht, dort sieht man unter anderem auch solche Behausungen.


Von dort sind wir dann mit einem der öffentlichen Busse die ich schonmal erwähnt hatte wieder weiter gefahren. Der Unterschied zu einem deutschen Bus ist nicht zu übersehen.


Am nächsten Tag haben wir uns eine der großen Malls angesehen. Besonders krass finde ich vorallem den Unterschied zu der Hütte auf dem ersten Bild und dieser Glitzerwelt.


Hier zweckentfremden die Kinder aus der Nachbarschaft die Erweiterung meiner Klimmzugstange. Nicht nur die Kinder sonder auch ich hatten viel Spaß.


Und so sieht es normalerweise während der Regenzeit aus. Eigentlich sollte die Regenzeit jetzt gerade anfangen, aber aufgrund der globalen Erwärmung sind Regen- und Trockenzeit dieses Jahr völlig verschoben, die Regenzeit hört nämlich gerade erst auf!

Indonesisch? Jawanesisch? Französisch? Englisch? Deutsch?

Bevor ich hierher kam, habe ich mir über die Sprache nicht viele Gedanken gemacht. Ich habe ein bisschen darüber gelesen und auch angefangen ein wenig Indonesisch zu lernen. Läuft schon, dachte ich mir. Als ich aber hier ankam, musste ich entsetzt feststellen, dass ich in Indonesien nicht eine, sondern 2 Sprachen lernen muss!! Die Lingua Franca ist zwar Bahasa Indonesia, aber jede Insel hat noch zusätzlich ihre eigene Sprache!! Das heißt auf Java spricht man Jawanesisch, auf Bali Balinesisch, in Sumatra spricht man Sumatera und so weiter. Bahasa Indonesia ist die offizielle Amtssprache die dem Malaiischem entstammt (und deshalb auch fast identisch mit Malaysisch ist) und früher im gesamten süd-ost-asiatischen Raum als internationale Handelssprache genutzt wurde. Leider sprechen in Indonesien gerade einmal 12% Bahasa Indonesia als Muttersprache, der gesamte Rest lernt es in der Schule ab der ersten Klasse. Das bedeutet, dass zwar die meisten Indonesier Bahasa Indonesia beherrschen (vorrausgesetzt, sie haben eine Schulbildung genossen) aber es untereinander sogut wie nie sprechen.
Ich denke es ist vergleichbar mit Hochdeutsch für Schweizer: untereinander sprechen sie immer Schwitzerdütsch (Anm. d. Red.: eine furchtbare Sprache) und sobald es etwas offizieller wird oder Gäste dazu kommen, die nichts verstehen, wird sich eben durch Hochdeutsch gequält.
Deshalb werde ich wohl nicht drum herum kommen, 2 Sprachen auf einmal lernen zu müssen. Zur Zeit lerne ich hauptsächlich Bahasa. Es ist nicht nur viiiiiiiiiiiiiiiiieeeel einfacher, sondern wurde uns auch vom Leiter unserer Organasition hier empfohlen. Außerdem erhalten alle Freiwilligen des weltwärts Programmes kostenlosen Sprachunterricht in Bahasa für 3 Monate. Bisher fällt mir die Sprache erfreulich einfach. Ich bin regelrecht von mir selber überrascht. Ich kann z.B. schon einfache Konversationen führen und verstehe immer öfter zumindest den Inhalt, wenn jemand in Bahasa spricht. Die "Grammatik" könnte nicht einfacher sein: es gibt keine Geschlechter, keine Artikel, kein sein, Verben werden weder konjugiert noch dekliniert, es gibt keine Vergangenheitsformen und so weiter. Am problematischsten sind die Vokabeln, da diese mit keiner europäischen Sprache etwas gemeinsam haben. Also: pauken pauken pauken. Zum Glück bin ich nach bisher 5 Wochen immernoch sehr motiviert, was sicherlich auch daran liegt, dass ich ja rund um die Uhr mit der Sprache konfrontiert werde und auch ohne Sprachkenntnisse nicht weit komme.
Frustrierend wird es nur dann, wenn mir beispielsweise (mal wieder) eine Frage in Indonesisch gestellt wird und ich mich freue, dass ich sie verstanden habe und sich dann mein Gesprächspartner zum Rest der Gruppe umdreht und wieder ausschießlich Jawanesisch spricht, oft auch noch über mich.
Auch wenn meine Gastfamilie täglich versucht mir neue Brocken Jawanesisch beizubringen, möchte ich ersteinmal auf ein vernünftiges Level mit Bahasa Indonesia kommen bevor ich mich dann der zweiten Sprache widmen werde, die leider ungleich anspruchsvoller ist.
Vorletzte Woche habe ich mich mit einem Englsichstudenten unterhalten der an der Uni Jepara studiert und mir erzählt hat, dass Jawanesisch zu den schwierigsten Sprachen der Welt zählt... Es gibt, je nach Situation, völlig andere Vokabeln und Grammatik die man anwenden muss. Es kommt darauf an aus welcher Position man spricht (z.B. Kind, Schüler, Lehrer, Vorgesetzter, Geistlicher) und auch zu wem man spricht (z.B. Sohn/Tochter, Boss, Eltern, König). So hat mir dieser Student zum Beispiel für das Wort schlafen (Indonesisch: tiddur) 6 verschiedene Wörter aufgezählt. Mehr sind ihm auf die Schnelle nicht eingefallen, er war sich allerdings sicher, dass es noch 2 oder 3 gibt, die er aber leider nicht beherrscht.
Zu allem Überfluss kommt noch dazu, dass sich die inseleigenen Sprachen untereinander überhaupt nicht ähneln.
Sehr verwirrend wird es von Zeit zu Zeit, wenn ich mehr oder weniger gleichzeitig Indonesisch, Französisch und Englisch sprechen muss, was hin und wieder in der Schule vorkommt.
Letztens habe ich z.B. einen ganzen Tag lang mit dem Französischlehrer gesprochen, der mich spontan auf einen Ausflug eingeladen hatte, und war am Ende des Tages also wieder voll im Französischen drin. Als ich am nächsten Morgen aufstand und mit meiner Gastfamilie sprechen wollte, sprach ich sie erstmal auf Französisch an... Das ich meinen Indonesischlehrer nach einer besonders antrengenden Stunde auf Deutsch angsprochen habe, ist mir natürlich auch schon passiert.
Angeblich konnte mein Vorgänger in meinem Projekt schon nach 2-3 Monaten fließend sprechen, ich bin ambitioniert, da mitzuhalten. Um die Sprache möglichst schnell zu lernen, hat es sich bisher als Vorteil erwiesen, auf dem Land zu wohnen und nicht in der Stadt, da hier einfach weniger Leute Englisch sprechen. So konnte ich mich zum Beispiel
letztes Wochenende beim direkten Vergleich mit den anderen Deutschen bereits wesentlich besser verständigen als die Städter.

So viel zu meinen Fortschritten mit der Sprache, bald (evtl. morgen) werde ich ein paar neue Bilder hochladen.

Dienstag, 31. August 2010

Zu groß, zu breit, zu blond!

Es ist tatsächlich so, überall wo ich hin gehe, werde ich daran erinnert, dass die meisten Asiatien nun mal doch ein deutlich anderes Erscheinungsbild haben als wir Europäer. Dieses Wochenende habe ich mich zum Beispiel mit allen Freiwilligen von meiner indonesischen Organistaion Dejavato in Semarang zum Fastenbrechen getroffen. Es wahren sowohl wir internationalen als auch die nationalen Volunteers anwesend und es war ein wirklich schöner Abend. Semarang ist die 5. größte Stadt Indonesiens (glaube ich...) und für uns Deutsche auch die einzige "City" die ohne weiteres erreichbar ist. Apropos, Reisen und Entfernungen haben hier eine andere Bedeutung als in Deutschland: die 2 Stunden, die man von meiner Stadt aus nach Semarang fährt, sind hier garnicht der Rede wert, und der Bus ist auch ein Abenteuer für sich. Er ist grundsätzlich uralt, knallbunt und sehr wackelig unterwegs. Als ich mich einmal hinein gezwängt hatte, kam ich mir vor wie auf einem Jahrmarkt. Nicht nur, dass es auf Grund der geringen Größe des Busses sehr eng war, die gesamte Fahrt über lief laute indonesische Musik und das Gegacker der Hühner einer Mitreisenden ein paar Reihen hinter mir machte das Bild perfekt. Nachdem ich den Wucherpreis von ca. einem Euro geblecht hatte (den Preis entscheidet der Fahrer immer spontan, für Bule ist er selbstverständlich höher), ging die Zeit eigentlich recht schnell vorbei, da ich die ganze Zeit sehr interessiert das Straßengeschehen beobachtete.
Hier habe ich mit meiner Größe, die ja für deutsche Verhältnisse wirklich nichts Besonderes ist, schon erste Probleme. Die Sitze sind viel zu schmal für mich und um in den Bus überhaupt rein zu kommen, muss ich mich schon extrem bücken.
In Semarang lief es nicht anders. Bei den Bussen das selbe Problem. In den Kaufhäusern konnte ich in den Gängen zwischen den Waren nicht gerade gehen sondern musste mich immer seitlich drehen.
Nach dem Essen übernachteten ein paar von uns Deutschen im Haus des Chefs von Dejavato, Mas Ketut. Auch dort konnte ich nicht durch das Treppenhaus gehen ohne mich zu drehen.
Bei mir in der Schule kann ich kaum auf den Schulbänken sitzen, da ich in jede Richtung zu groß bin.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass, sobald ich beim Mopedfahren einen Helm anziehe (was man hier sehr selten macht), die anderen Verkehrsteilnehmer sich längst nicht mehr so häufig nach mir umdrehen wie sonst. Das liegt einfach daran, dass der Helm meine Haare versteckt und ich damit nicht mehr so "leuchte". Auch in Semarang meinten die anderen Deutschen schon zu mir, dass sie einfach nach einem leuchtenden Schopf Ausschau halten würden, wenn sie nach mir suchen.

Offensichtlich sind das aber alles keine dramatischen Probleme und ich nehme sie alle mit sehr viel Humor. Auch die meisten Indonesier müssen lachen, wenn ich mal wieder kaum in einen Bus hinein passe :)

Ansonsten geht es mir hier wirklich ausgesprochen gut. Ich bin gesund, habe viel Zeit für Sport und manchmal arbeite ich auch. Am Freitag habe ich meinen ersten Urlaubstag, da am 3. September Idul Fithri/Lebaran/Zuckerfest/Ende von Ramadhan ist und jeweils eine Woche vorher und eine Woche nachher Ferien sind. In der ersten Woche werde ich wohl noch mal für ein paar Tage nach Semarang fahren und in der zweiten Woche werde ich mir den Ballermann auf Bali gönnen, zusammen mit 2 anderen Frewilligen. Wer mich kennt, kann sich vorstellen, dass ich mich darauf schon sehr freue.
Das Zuckerfest selber möchte ich auf jeden Fall mit meiner Gastfamilie verbringen, da es zum einen natürlich von mir erwartet wird und ich zum anderen dieses Fest, was ungefähr dem christlichen Weihnachten gleichkommt, unbedingt einmal mitmachen will. Obwohl es mir schon vor unendlichichen Bergen an Essen graust, die ich verdücken werden muss...
Zum Essenskultur werde ich nochmal etwas schreiben, sobald der Ramadhan vorbei ist, das ist in Indonesien nämlich ein Thema für sich.

Mittwoch, 25. August 2010

Kommentare für alle!

Ich habe ein bisschen an den Einstellungen meines Blogs herumgespielt, jetzt ist es jedem möglich, Kommentare zu meinen Einträgen zu schreiben. Hoffe ich zumindest.

Erste Bilder

Mein Internet zu Hause funktioniert wieder, hier deshalb die versprochenen Bilder zur Klimmzugstange.