Infos und Neuigkeiten von meinem Freiwilligenjahr in Indonesien

Dienstag, 28. September 2010

Indonesische Hochzeit

Letzten Freitag wurde ich spontan von einem Lehrerkollegen auf die Hochzeit seines Bruders eingeladen. Zum Glück war mein Indonesischlehrer Munif auch eingeladen, sodass ich mit ihm zusammen dort hin gehen konnte. Da die Gastgeber ziemlich wohlhabend sind, war auch der Rahmen der Hochzeit entsprechend groß: es waren um die 400 Gäste geladen, 3 riesige Zelte aufgebaut, ein eigenes Trommelorchester engagiert und Fotografen und Kameraleute anwesend. Der Verlauf der eigentlichen Hochzeit war relativ unspektakulär, für mich als Neuling allerdings trotzdem sehr interessant.
Während der Zeremonie wurden an sämtliche Gäste durchgehend Teller mit allen möglichen Speisen gereicht, sodass ich den Eindruck hatte, dass kaum einer aufmerksam dem Geschehen auf der eindrucksvollen Buehne folgte, sondern nur mit Essen beschäftigt war. Insgesamt war die Atmosphäre sehr locker, viele Gäste waren auch nur in Jeans und Flip Flops gekommen (ich hatte extra zum ertsen Mal mein Batikhemd angezogen, das ich mir auf Wunsch meines Gastvaters irgendwann einmal kaufen musste). Nach zahlreichen Reden auf Jawanesisch (von denen ich wie immer kein Wort verstand) und nachdem Munif und ich aufgegessen hatten, wollten wir uns auf den Rückweg machen, da es nicht nur langsam langweilig wurde sondern der sich die Zeremonie auch dem Ende neigte. Auf dem Weg nach draußen wurden wir allerdings von dem Lehrerkollegen abgefangen, der mich eingeladen hatte: Wir (bzw. ich) durften selbstverständlich nicht verschwinden, ohne vorher Fotos mit dem Brautpaar geschossen zu haben. Viel mehr möchte ich nicht schreiben, schaut euch einfach die Bilder an.



Sonntag, 26. September 2010

Ramadanferien Teil 2: Bali

Hier kommt endlich der versprochene Bericht zu meiner Balireise.
Kurz: Es war traumhaft! Aber ich will von vorne anfangen.

Wie ich schon im letzten Eintrag erwähnt hatte, sind wir, dass heißt Hansi und ich, nicht geflogen, sondern mit dem Bus gefahren. Da wir uns ziemlich spontan entschlossen hatten, nach Bali zu fahren, war es natürlich schon zu spät, um noch günstige Flüge zu bekommen.
Außerdem war wegen Ramadan quasi Hochsaison, da es hier üblich ist, zu Idul Fitri zu seiner Familie zu fahren bzw. fliegen. Unter normalen Umständen kann man von Yogyakarta nach Denpasar und zurück für knapp 70 € fliegen, während der Ramadanferien war diese Strecke nicht unter 200 € zu kriegen. Mit Hilfe von unseren indonesischen Kontaktpersonen fanden wir zum Glück heraus, das man nach Bali auch mit dem Bus kommen kann. Normalerweise kostet die Strecke Semarang-Denpasar 20 €, zur Idul Fitri Hochsaison hat sie 30 € gekostet. Mangels Alternativen und auch aufgrund des immernoch recht günstigen Preises schlugen wir also zu, trotz der Tatsache, das die Fahrt 16 Stunden dauern sollte. Als wir ein paar Tage später im Büro der Reisegesellschaft saßen, mussten wir feststellen, dass die Fahrt nicht 16 sondern 20 Stunden dauern sollte. Wir waren allerdings fest entschlossen und ließen uns auch davon nicht abschrecken.
Wir hatten bereits befürchtet, dass uns die Klimaanlage im Bus zum Verhängnis werden könnte, da wir schon mehrmals die Erfahrung machen mussten, dass, wenn es denn mal eine Klimaanlage im Auto/Bus gibt, diese auch stets bei maximaler Leistung läuft, und so wird aus angenehm kühl ruckzuck verdammt kalt mit hohem Erkältungspotenzial.
Es kam wie vermutet. Nachdem die ersten 5 Minuten tatsächlich noch angenehm waren, machte uns danach die ständige, künstliche Kälte immer mehr zu schaffen, vorallem da weder Hansi noch ich mit entsprechender Kleidung vorgesorgt hatten. So saß ich zum Beispiel mit T-Shirt, kurzer Hose und Flip Flops im Bus. Zum Glück gab es für jeden Passagier Decken, sodass wir nicht völlig erfroren. Unsere indonesischen Mitreisenden schienen schon zu wissen, was während einer solchen Busfahrt auf sie zukommt, und so packten nicht wenige schon nach kurzer Zeit Wollmützen, Pullover, dicke Socken und Ähnliches aus.
Es ist uns bis heute ein Rätsel, warum der Bus so dermaßen runtergekühlt wurde, da ja wirklich jeder im Bus, auch der Fahrer und sein Assistent, offensichtlich fror oder eben entsprechend dick angezogen war, um der Kälte zu trotzen. Sämtliche Passagiere hatten außerdem ihre Sitzeigene Belüftung ausgestellt, ich habe extra darauf geachtet.
Nach endlos erscheinenden Stunden, es waren statt 20 Stunden dann doch 23 geworden, kamen wir endlich in Denpasar an. Um von dort weiter nach Kuta zu kommen, unserem eigentlichen Reiseziel, hatten wir die Wahl zwischen der klassischen Tourie-Variante oder der indonesischen Variante: wir hätten entweder ein Taxi für ca 10 € nehmen können oder einen der indonesischen Busse (Angkot) für einen Bruchteil des Taxipreises. Da wir uns inzwischen beide schon einigermaßen mit den hiesigen Gebräuchen und vorallem Preisen auskennen, entschieden wir uns natürlich für die indonesische Variante. Nachdem wir die obligatorischen Wucherpreise einiger geschäftstüchtiger Busfahrer um ein Vielfaches runtergehandelt hatten, fuhren wir letztendlich für jeweils 2 € nach Kuta.
Dort angekommen, stellten wir sofort fest, dass wir quasi Asien verlassen hatten und wieder im "globalen Norden" angekommen waren. Sämtliche Reklamen und Schilder waren in Englisch, es wurden an jeder Ecke westliche Produkte angeboten und überall sah man Weiße. Das mag sich nicht besonders anhören, aber da Hansi und ich seit ca. 1 1/2 Monaten überhaupt keinen Weißen mehr gesehen hatten, war das für uns im ersten Moment schon etwas gewöhnungsbedurftig.
Leider konnten wir uns nicht direkt ins Hotel begeben und endlich duschen, wir hatten nämlich noch gar keins! Hansi war im Rahmen einer Asien Reise erst im April in Kuta gewesen und hatte damals innerhalb von 5 Minuten ein super Zimmer mit Klimaanlage fuer ca. 5 € die Nacht bekommen, diesmal wollten wir es wieder so machen. Unser schöner "Plan" ging aber leider überhaupt nicht auf, da wir nicht bedacht hatten, dass ja Hochsaison war!
So liefen wir also ungefähr 3 Stunden durch Kuta auf der Suche nach einem günstigen Hotel, bis wir endlich ein Zimmer fanden, das noch frei war. Uns wurde aber auch schnell klar, warum es noch frei war: es war das mit Abstand ranzigste Zimmer, in dem ich jemals eine Nacht verbracht habe. Die Steckdosen lagen am Boden anstatt in der Wand zu stecken, aus Toilette und Waschbecken tropfte das Wasser und das Schloss zum Bad bestand aus einem rostigen Nagel. Und das alles auch noch für ca. 7 € pro Nacht und Person, im Verhältnis zu anderen Unterkünften tatsächlich ein ziemlicher Wucher. Mangels Alternativen regten wir uns aber nicht auf, ignorierten einfach sämtliche "Unannemhlichkeiten" und ließen den Urlaub endlich beginnen.

Da ich nicht noch morgen mit Tippen beschäftigt sein möchte, werde ich jetzt nicht jeden Tag mit sämtlichen Einzelheiten schildern, sondern nur einen groben Überblick über unsere Aktivitäten geben.
Das Wetter war durchgehend traumhaft. Wir lümmelten am Strand herum, aßen, tranken und

feierten viel, liehen uns Surfboards um auf eigene Faust Surfen zu lernen (was auch ziemlich gut funktionierte) und wechselten noch einmal das Hotel. Zwischendurch empfingen wir Maria (die Freiwillige aus der Schweiz) die aber nur 2 Nächte bleiben konnte und dann wieder mit uns zusammen nach Hause fuhr. Wir liehen uns Mopeds und fuhren zum Dreamland Beach (der Name sagt alles...) und zum Ulu Watu Tempel, bei dem sich herausstellte, das ich dort schon auf meiner Indonesienrundreise 2008 war. Besonders angenehm waren die dortigen Preise: man konnte, ohne lange zu suchen, ein Abendessen mit frisch gepressten Fruchtsäften für 3 € bekommen und war danach pappsatt. Auch für ein Moped haben wir nur 5 € für 24 Stunden gezahlt.

Ich habe jede Minute dieses Urlaubs richtig bewusst genossen (vorallem die Mopedtour) und muss sagen, dass sich die insgesamt ca. 40 Stunden Busfahrt auf jeden Fall gelohnt haben. Es tat richtig gut, sich einmal wieder sicher durch eine "gewohnte" Bewegung und Kultur bewegen zu können, ohne sich immer zurück nehmen zu müssen weil man befürchten muss, gegen unbekannte Sitten, Gebräuche oder religioese Regeln zu verstoßen. Vieles davon sind natürlich auch einfach die Freiheiten, die man als Tourist gegenüber einem Freiwilligen hat, der nicht nur ein paar Tage oder Wochen in der ensprechenden Umgebung bleibt, sondern ein ganzes Jahr. Und für diese 5 Tage waren wir schließlich Touristen.

Die Rückfahrt gestaltete sich wesentlich angenehmer als die Hinfahrt, da sie zum einen schneller ging und wir zum anderen wussten, auf welche Temperaturen wir uns einstellen mussten.
Leider vergaß ich im Bus die Tüte Schlangenfrüchte, die ich extra für meine Gastfamilie als Mitbringsel gekauft hatte. In Indonesien ist es nämlich mehr oder weniger verpflichtend, von einer längeren Reise immer etwas mitzubringen, und so wurde ich auch direkt nach meiner Ankunft zu Hause erwartungsvoll gefragt, was ich denn mitgebracht haette. Zum Gluück waren alle sehr verständnissvoll und meinten nur tidak apa-apa, was kein Problem heißt. Dafür musste ich versprechen, von meiner nächsten Reise auf jeden Fall etwas mitzubringen.

Die nächste größere Reise steht auch schon wieder an: in ungefähr 4 Wochen geht es mit sämtlichen nationalen und internationalen Freiwilligen nach Karimunjawa Island. Darüber weiss ich bisher nur, das es wohl kaum Strom gibt, kein fliesendes Wasser und es das Klischee einer einsamen, paradisischen Insel sein soll.
Ich bin gespannt.

Montag, 20. September 2010

Ramadanferien Teil 1: Idul Fitri

Die 2 Wochen Ferien um Idul Fitri sind rum und es gibt viel zu erzählen. Ich fange von vorne an.

Gleich zu Beginn der Ferien bin ich wiedereinmal nach Semarang gefahren, wo ich mich mit allen anderen Internationals getroffen habe, diesmal also auch Maria aus der Schweiz und Signe aus Dänemark. Zuerst mussten Hansi, Maria und ich uns noch das BUSticket nach Bali kaufen. Ja, ihr habt richtig gelesen, um nach Bali zu kommen haben wir uns (gezwungenermassen) eine Busfahrt gegönnt. Natuerlich war das keiner von den Bussen wie auf dem Foto in dem vorherigen Eintrag, sondern ein topmoderner, klimatisierter Nachtbus mit viel Platz von Mercedes Benz. Das mag sich gemütlich anhören, aber wenn man damit 20 (!) Stunden bei maximal aufgedrehter Klimaanlage fahren muss, ist das alles andere als gemütlich. Mehr dazu im zweiten Teil dieses Beitrags.
Nachdem wir also die Tickets (hin und zurück für 60 €) gekauft hatten, fuhren wir alle gemeinsam zu einem der Einsatzstellen von Anna (sie arbeitet in 2 Projekten gleichzeitig). Dort hatten wir uns ein ganz eigenes soziales Projekt an Land gezogen: Die Leute dort von Indoshelter brauchen dringend ein Regal, leider fehlt ihnen aber das Geld, eines zu besorgen. Also haben wir Freiwilligen uns (freiwillig) zusammen getan und werden demnächst ein Regal für Indoshelter bauen. Der Plan ist, dass die Einsatzstelle das Materiel zur Verfügung stellt und wir unsere "Arbeitszeit". Hansi und ich sind beide einigermassen erfahrene Heimwerker, also werden wir das Regal konstruieren und zusammenbauen. Die Mädels wollen es dann später anmalen. Klassische Arbeitsverteilung also.
Im Indoshelter angekommen, bekamen wir dann erstmal die obligatorische Einführung in die Aufgaben und die Geschichte des Projekts. Direkt im Anschluss wurde extra für uns eine kleine Tanzaufführung von den dortigen Schülern präsentiert. Als der offizielle Teil also abgehakt war, machten Hansi und ich uns daran, dass Regal entsprechend der Bedürfnisse und Möglichkeiten zu planen. Als auch das erledigt war, machten wir alle zusammen einen Spaziergang durch die sehr ärmliche Nachbarschaft, aus der unter anderem auch das Foto mit der Wellblechhütte aus dem vorherigen Eintrag stammt. So ärmlich auch die Gegend sein mochte, so grandios war die Aussicht auf Semarang, da das ganze Viertel auf einem Hügel liegt.
Später gingen wir alle zusammen noch in einem der traditionellen indonesischen Strassenrestaurants (Warung) essen. Die restlichen 3 Tage, die ich noch in Semarang blieb, verliefen relativ unspektakulär.

Am 10. war es dann soweit, der Tag auf den alle einen Monat lang gewartet und gefastet hatten: Idul Fitri, as Ende des Ramadans!!
Am Vorabend wurde ich ohne jegliche Vorwarnung von einem Kollegen abgeholt der mich mit zu sich nach Hause nahm. Ich dachte, wir würden das Standartprogramm absolvieren: Buka Bersama, also einfach zusammen fastenbrechen und danach vielleicht noch etwas spazieren gehen. Aber es sollte anders kommen. Völlig anders.
Zuerst fuhren wir eine ganze Weile durch dichten Urwald, der auch noch vom Regenschauer davor richtig klischeehaft pitschnass war. Irgandwann kamen wir in ein kleineres Dorf in dem sich viele Leute auf den Straßen versammelt hatten und ziemlich beschäftig wirkten. Ich wurde in ein Haus am Rande der Straße dirigiert und wartete dort erstmal ein paar Minuten. Dann ging alles plötzlich sehr schnell.

Mir wurde ein Turban gebunden, ich bekam Lippenstift auf die Lippen geschmiert und ein langes, weißes Gewand übergezogen. Noch bevor ich protestieren konnte, saß ich neben einer ebenfalls aufwendig geschminkten, jungen Frau in einer bunt dekorierten Kutsche, und fuhr so, von einem riesigen Trupp mit Musikkorps und Fahnenträgern begleitet, durch den Urwald.
Ich kam mir mindestens so bescheuert vor, wie es sich anhört.

Als Raja war es nun meine Aufagabe, den zahlreichen Menschen, die sich am Straßenrand versammelt hatten, einfach nur zu zu lächeln und zu zu winken. Hin und wieder musste ich mit dem Fuß auf eine Art Glocke treten, die im Boden der Kutsche eingelassen war. Es gesellten sich noch andere Trupps zu unserem dazu und ich musste die Aktion unweigerlich mit dem rheinischen Karneval vergleichen. Es wurde zwar keine Kamelle geschmissen aber ansonsten war die Ähnlichkeit wirklich verblüffend. Nach einer Weile fiel mir auf, dass jeder Trupp seine eigene Attraktion hatte, sei es ein aufwändig gestalteter Mottowagen oder einer Gruppe besonders verkleideter Menschen. Da wurde mir schlagartig bewusst, das ICH die Attraktion meiner Truppe war!! Ein komisches Gefuehl. Gestern erst habe ich durch Zufall erfahren, dass alle Truppen von einer Jury bewertet wurden, meine Truppe hat den 3. Platz gemacht.
Ich kam gegen 10 nach Hause und legte mich sofort schlafen, da ich am nächsten Tag um 5 Uhr würde aufstehen müssen.
Der große Tag war gekommen. Ich wurde aus dem Bett gescheucht, frühstückte und musste mir eine spezielle Idul Fitri-Gewandung anziehen, die ich vorher extra bekommen hatte. Sie sieht meiner Meinung nach furchtbar aus und obwohl mir die Sachen einigermassen gepasst haben, erkennt man doch, dass ich mit meiner Größe und Statur einfach nicht in solche Klamotten gehöre. Zum Glück musste ich kein Peci tragen, einen dieser muslimischen Gebetshüte, die kann ich nämlich überhaupt nicht ausstehen.
Auf einmal drückte mir mein Gastvater einen Gebetsteppich in die Hand und bat mich, ihm zum Gebet zu folgen. Ich erklärte ihm erschrocken, dass ich ja garnicht wisse wie das geht, aber das war für ihn kein Grund, mich trotzdem mitzuschleppen.
Auf dem Weg zur Moschee trafen wir immer mehr Menschen mit dem selben Ziel, sodass wir am Ende in einem goßen Menschenstrom die Moschee erreichten. Unterwegs hatte ich bereits beschlossen, meinem Gastvater einfach alles nachzumachen, um nicht noch mehr aufzufallen, als ich es mit meinen blonden Haaren inmitten des Meeres aus schwarzen Pecis eh schon tat. Ich rollte also neben ihm meinen Gebetsteppich aus und kopierte einfach alle seine Bewegungen. Das Gebet dauerte zum Glück nicht sehr lang und der Bewegungsablauf war sehr simpel, so konnte ich die Magie meines ersten Muslimischen Gottesdienstes in Ruhe auf mich wirken lassen.
Nach dem Gebet stellten sich alle (es waren übrigens nur Männer anwesend) in Reihen auf und es startete ein Prozess, in dem jeder jedem die Hand schüttelte um um Vergebung zu bitten.
An Idul Fitri wird nämlich nicht nur das Ende des Fastenmonats gefeiert, sondern es werden einem auch alle Sünden des vergangenen Jahres vergeben, wozu eben auch gehört, dass man sich bei Verwandten, Nachbarn und Freunden entschuldigt.
Ich habe mitgezählt: ich habe in ca. 10 Minuten genau 469 Hände geschüttelt. Danach, beim obligatorischen Gang durch die Nachbarschaft waren es bestimmt nochmal knapp 200.
Den Rest des Tages wurde im Haus auf andere Besucher gewartet und/oder einfach gegessen, etwas besonderes passierte nicht mehr.
Im zweiten Teil dieses Eintrags werde ich (eventuell morgen) von meiner traumhaften Reise nach Bali berichten.

Mittwoch, 8. September 2010

Neue Bilder

Diesmal gibt es ein paar Bilder aus Semarang, von meinem Haus während eines sinnflutartigen Regenschauers und von der Erweiterung meiner Klimmzustange.


In Semarang haben wir im Zuge einer Projektbesichtigung einen Spaziergang durch die extrem ärmliche Nachbarschaft gemacht, dort sieht man unter anderem auch solche Behausungen.


Von dort sind wir dann mit einem der öffentlichen Busse die ich schonmal erwähnt hatte wieder weiter gefahren. Der Unterschied zu einem deutschen Bus ist nicht zu übersehen.


Am nächsten Tag haben wir uns eine der großen Malls angesehen. Besonders krass finde ich vorallem den Unterschied zu der Hütte auf dem ersten Bild und dieser Glitzerwelt.


Hier zweckentfremden die Kinder aus der Nachbarschaft die Erweiterung meiner Klimmzugstange. Nicht nur die Kinder sonder auch ich hatten viel Spaß.


Und so sieht es normalerweise während der Regenzeit aus. Eigentlich sollte die Regenzeit jetzt gerade anfangen, aber aufgrund der globalen Erwärmung sind Regen- und Trockenzeit dieses Jahr völlig verschoben, die Regenzeit hört nämlich gerade erst auf!

Indonesisch? Jawanesisch? Französisch? Englisch? Deutsch?

Bevor ich hierher kam, habe ich mir über die Sprache nicht viele Gedanken gemacht. Ich habe ein bisschen darüber gelesen und auch angefangen ein wenig Indonesisch zu lernen. Läuft schon, dachte ich mir. Als ich aber hier ankam, musste ich entsetzt feststellen, dass ich in Indonesien nicht eine, sondern 2 Sprachen lernen muss!! Die Lingua Franca ist zwar Bahasa Indonesia, aber jede Insel hat noch zusätzlich ihre eigene Sprache!! Das heißt auf Java spricht man Jawanesisch, auf Bali Balinesisch, in Sumatra spricht man Sumatera und so weiter. Bahasa Indonesia ist die offizielle Amtssprache die dem Malaiischem entstammt (und deshalb auch fast identisch mit Malaysisch ist) und früher im gesamten süd-ost-asiatischen Raum als internationale Handelssprache genutzt wurde. Leider sprechen in Indonesien gerade einmal 12% Bahasa Indonesia als Muttersprache, der gesamte Rest lernt es in der Schule ab der ersten Klasse. Das bedeutet, dass zwar die meisten Indonesier Bahasa Indonesia beherrschen (vorrausgesetzt, sie haben eine Schulbildung genossen) aber es untereinander sogut wie nie sprechen.
Ich denke es ist vergleichbar mit Hochdeutsch für Schweizer: untereinander sprechen sie immer Schwitzerdütsch (Anm. d. Red.: eine furchtbare Sprache) und sobald es etwas offizieller wird oder Gäste dazu kommen, die nichts verstehen, wird sich eben durch Hochdeutsch gequält.
Deshalb werde ich wohl nicht drum herum kommen, 2 Sprachen auf einmal lernen zu müssen. Zur Zeit lerne ich hauptsächlich Bahasa. Es ist nicht nur viiiiiiiiiiiiiiiiieeeel einfacher, sondern wurde uns auch vom Leiter unserer Organasition hier empfohlen. Außerdem erhalten alle Freiwilligen des weltwärts Programmes kostenlosen Sprachunterricht in Bahasa für 3 Monate. Bisher fällt mir die Sprache erfreulich einfach. Ich bin regelrecht von mir selber überrascht. Ich kann z.B. schon einfache Konversationen führen und verstehe immer öfter zumindest den Inhalt, wenn jemand in Bahasa spricht. Die "Grammatik" könnte nicht einfacher sein: es gibt keine Geschlechter, keine Artikel, kein sein, Verben werden weder konjugiert noch dekliniert, es gibt keine Vergangenheitsformen und so weiter. Am problematischsten sind die Vokabeln, da diese mit keiner europäischen Sprache etwas gemeinsam haben. Also: pauken pauken pauken. Zum Glück bin ich nach bisher 5 Wochen immernoch sehr motiviert, was sicherlich auch daran liegt, dass ich ja rund um die Uhr mit der Sprache konfrontiert werde und auch ohne Sprachkenntnisse nicht weit komme.
Frustrierend wird es nur dann, wenn mir beispielsweise (mal wieder) eine Frage in Indonesisch gestellt wird und ich mich freue, dass ich sie verstanden habe und sich dann mein Gesprächspartner zum Rest der Gruppe umdreht und wieder ausschießlich Jawanesisch spricht, oft auch noch über mich.
Auch wenn meine Gastfamilie täglich versucht mir neue Brocken Jawanesisch beizubringen, möchte ich ersteinmal auf ein vernünftiges Level mit Bahasa Indonesia kommen bevor ich mich dann der zweiten Sprache widmen werde, die leider ungleich anspruchsvoller ist.
Vorletzte Woche habe ich mich mit einem Englsichstudenten unterhalten der an der Uni Jepara studiert und mir erzählt hat, dass Jawanesisch zu den schwierigsten Sprachen der Welt zählt... Es gibt, je nach Situation, völlig andere Vokabeln und Grammatik die man anwenden muss. Es kommt darauf an aus welcher Position man spricht (z.B. Kind, Schüler, Lehrer, Vorgesetzter, Geistlicher) und auch zu wem man spricht (z.B. Sohn/Tochter, Boss, Eltern, König). So hat mir dieser Student zum Beispiel für das Wort schlafen (Indonesisch: tiddur) 6 verschiedene Wörter aufgezählt. Mehr sind ihm auf die Schnelle nicht eingefallen, er war sich allerdings sicher, dass es noch 2 oder 3 gibt, die er aber leider nicht beherrscht.
Zu allem Überfluss kommt noch dazu, dass sich die inseleigenen Sprachen untereinander überhaupt nicht ähneln.
Sehr verwirrend wird es von Zeit zu Zeit, wenn ich mehr oder weniger gleichzeitig Indonesisch, Französisch und Englisch sprechen muss, was hin und wieder in der Schule vorkommt.
Letztens habe ich z.B. einen ganzen Tag lang mit dem Französischlehrer gesprochen, der mich spontan auf einen Ausflug eingeladen hatte, und war am Ende des Tages also wieder voll im Französischen drin. Als ich am nächsten Morgen aufstand und mit meiner Gastfamilie sprechen wollte, sprach ich sie erstmal auf Französisch an... Das ich meinen Indonesischlehrer nach einer besonders antrengenden Stunde auf Deutsch angsprochen habe, ist mir natürlich auch schon passiert.
Angeblich konnte mein Vorgänger in meinem Projekt schon nach 2-3 Monaten fließend sprechen, ich bin ambitioniert, da mitzuhalten. Um die Sprache möglichst schnell zu lernen, hat es sich bisher als Vorteil erwiesen, auf dem Land zu wohnen und nicht in der Stadt, da hier einfach weniger Leute Englisch sprechen. So konnte ich mich zum Beispiel
letztes Wochenende beim direkten Vergleich mit den anderen Deutschen bereits wesentlich besser verständigen als die Städter.

So viel zu meinen Fortschritten mit der Sprache, bald (evtl. morgen) werde ich ein paar neue Bilder hochladen.