Infos und Neuigkeiten von meinem Freiwilligenjahr in Indonesien

Montag, 20. September 2010

Ramadanferien Teil 1: Idul Fitri

Die 2 Wochen Ferien um Idul Fitri sind rum und es gibt viel zu erzählen. Ich fange von vorne an.

Gleich zu Beginn der Ferien bin ich wiedereinmal nach Semarang gefahren, wo ich mich mit allen anderen Internationals getroffen habe, diesmal also auch Maria aus der Schweiz und Signe aus Dänemark. Zuerst mussten Hansi, Maria und ich uns noch das BUSticket nach Bali kaufen. Ja, ihr habt richtig gelesen, um nach Bali zu kommen haben wir uns (gezwungenermassen) eine Busfahrt gegönnt. Natuerlich war das keiner von den Bussen wie auf dem Foto in dem vorherigen Eintrag, sondern ein topmoderner, klimatisierter Nachtbus mit viel Platz von Mercedes Benz. Das mag sich gemütlich anhören, aber wenn man damit 20 (!) Stunden bei maximal aufgedrehter Klimaanlage fahren muss, ist das alles andere als gemütlich. Mehr dazu im zweiten Teil dieses Beitrags.
Nachdem wir also die Tickets (hin und zurück für 60 €) gekauft hatten, fuhren wir alle gemeinsam zu einem der Einsatzstellen von Anna (sie arbeitet in 2 Projekten gleichzeitig). Dort hatten wir uns ein ganz eigenes soziales Projekt an Land gezogen: Die Leute dort von Indoshelter brauchen dringend ein Regal, leider fehlt ihnen aber das Geld, eines zu besorgen. Also haben wir Freiwilligen uns (freiwillig) zusammen getan und werden demnächst ein Regal für Indoshelter bauen. Der Plan ist, dass die Einsatzstelle das Materiel zur Verfügung stellt und wir unsere "Arbeitszeit". Hansi und ich sind beide einigermassen erfahrene Heimwerker, also werden wir das Regal konstruieren und zusammenbauen. Die Mädels wollen es dann später anmalen. Klassische Arbeitsverteilung also.
Im Indoshelter angekommen, bekamen wir dann erstmal die obligatorische Einführung in die Aufgaben und die Geschichte des Projekts. Direkt im Anschluss wurde extra für uns eine kleine Tanzaufführung von den dortigen Schülern präsentiert. Als der offizielle Teil also abgehakt war, machten Hansi und ich uns daran, dass Regal entsprechend der Bedürfnisse und Möglichkeiten zu planen. Als auch das erledigt war, machten wir alle zusammen einen Spaziergang durch die sehr ärmliche Nachbarschaft, aus der unter anderem auch das Foto mit der Wellblechhütte aus dem vorherigen Eintrag stammt. So ärmlich auch die Gegend sein mochte, so grandios war die Aussicht auf Semarang, da das ganze Viertel auf einem Hügel liegt.
Später gingen wir alle zusammen noch in einem der traditionellen indonesischen Strassenrestaurants (Warung) essen. Die restlichen 3 Tage, die ich noch in Semarang blieb, verliefen relativ unspektakulär.

Am 10. war es dann soweit, der Tag auf den alle einen Monat lang gewartet und gefastet hatten: Idul Fitri, as Ende des Ramadans!!
Am Vorabend wurde ich ohne jegliche Vorwarnung von einem Kollegen abgeholt der mich mit zu sich nach Hause nahm. Ich dachte, wir würden das Standartprogramm absolvieren: Buka Bersama, also einfach zusammen fastenbrechen und danach vielleicht noch etwas spazieren gehen. Aber es sollte anders kommen. Völlig anders.
Zuerst fuhren wir eine ganze Weile durch dichten Urwald, der auch noch vom Regenschauer davor richtig klischeehaft pitschnass war. Irgandwann kamen wir in ein kleineres Dorf in dem sich viele Leute auf den Straßen versammelt hatten und ziemlich beschäftig wirkten. Ich wurde in ein Haus am Rande der Straße dirigiert und wartete dort erstmal ein paar Minuten. Dann ging alles plötzlich sehr schnell.

Mir wurde ein Turban gebunden, ich bekam Lippenstift auf die Lippen geschmiert und ein langes, weißes Gewand übergezogen. Noch bevor ich protestieren konnte, saß ich neben einer ebenfalls aufwendig geschminkten, jungen Frau in einer bunt dekorierten Kutsche, und fuhr so, von einem riesigen Trupp mit Musikkorps und Fahnenträgern begleitet, durch den Urwald.
Ich kam mir mindestens so bescheuert vor, wie es sich anhört.

Als Raja war es nun meine Aufagabe, den zahlreichen Menschen, die sich am Straßenrand versammelt hatten, einfach nur zu zu lächeln und zu zu winken. Hin und wieder musste ich mit dem Fuß auf eine Art Glocke treten, die im Boden der Kutsche eingelassen war. Es gesellten sich noch andere Trupps zu unserem dazu und ich musste die Aktion unweigerlich mit dem rheinischen Karneval vergleichen. Es wurde zwar keine Kamelle geschmissen aber ansonsten war die Ähnlichkeit wirklich verblüffend. Nach einer Weile fiel mir auf, dass jeder Trupp seine eigene Attraktion hatte, sei es ein aufwändig gestalteter Mottowagen oder einer Gruppe besonders verkleideter Menschen. Da wurde mir schlagartig bewusst, das ICH die Attraktion meiner Truppe war!! Ein komisches Gefuehl. Gestern erst habe ich durch Zufall erfahren, dass alle Truppen von einer Jury bewertet wurden, meine Truppe hat den 3. Platz gemacht.
Ich kam gegen 10 nach Hause und legte mich sofort schlafen, da ich am nächsten Tag um 5 Uhr würde aufstehen müssen.
Der große Tag war gekommen. Ich wurde aus dem Bett gescheucht, frühstückte und musste mir eine spezielle Idul Fitri-Gewandung anziehen, die ich vorher extra bekommen hatte. Sie sieht meiner Meinung nach furchtbar aus und obwohl mir die Sachen einigermassen gepasst haben, erkennt man doch, dass ich mit meiner Größe und Statur einfach nicht in solche Klamotten gehöre. Zum Glück musste ich kein Peci tragen, einen dieser muslimischen Gebetshüte, die kann ich nämlich überhaupt nicht ausstehen.
Auf einmal drückte mir mein Gastvater einen Gebetsteppich in die Hand und bat mich, ihm zum Gebet zu folgen. Ich erklärte ihm erschrocken, dass ich ja garnicht wisse wie das geht, aber das war für ihn kein Grund, mich trotzdem mitzuschleppen.
Auf dem Weg zur Moschee trafen wir immer mehr Menschen mit dem selben Ziel, sodass wir am Ende in einem goßen Menschenstrom die Moschee erreichten. Unterwegs hatte ich bereits beschlossen, meinem Gastvater einfach alles nachzumachen, um nicht noch mehr aufzufallen, als ich es mit meinen blonden Haaren inmitten des Meeres aus schwarzen Pecis eh schon tat. Ich rollte also neben ihm meinen Gebetsteppich aus und kopierte einfach alle seine Bewegungen. Das Gebet dauerte zum Glück nicht sehr lang und der Bewegungsablauf war sehr simpel, so konnte ich die Magie meines ersten Muslimischen Gottesdienstes in Ruhe auf mich wirken lassen.
Nach dem Gebet stellten sich alle (es waren übrigens nur Männer anwesend) in Reihen auf und es startete ein Prozess, in dem jeder jedem die Hand schüttelte um um Vergebung zu bitten.
An Idul Fitri wird nämlich nicht nur das Ende des Fastenmonats gefeiert, sondern es werden einem auch alle Sünden des vergangenen Jahres vergeben, wozu eben auch gehört, dass man sich bei Verwandten, Nachbarn und Freunden entschuldigt.
Ich habe mitgezählt: ich habe in ca. 10 Minuten genau 469 Hände geschüttelt. Danach, beim obligatorischen Gang durch die Nachbarschaft waren es bestimmt nochmal knapp 200.
Den Rest des Tages wurde im Haus auf andere Besucher gewartet und/oder einfach gegessen, etwas besonderes passierte nicht mehr.
Im zweiten Teil dieses Eintrags werde ich (eventuell morgen) von meiner traumhaften Reise nach Bali berichten.

3 Kommentare:

  1. Geiler Bericht !!! Echt interessant es sich durchzulesen! Wenn du wieder zurück bist, muss du dich auf jeden fall mal bei mri melden Fabi! Dir noch viel Spaß :)

    LG

    Tolga

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  2. Fabi, dein Weg zum Muezin steht dir offen :)
    Jas

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  3. Habe gar nicht gewusst, dass du dich in einer Kutsche so gut machst! Fabi super Bericht, es macht richtig Freude und Spaß deine Berichte zu verfolgen, vor allem hochinteressant. Lass es dir gut gehen.
    LG

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